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Blog über den Erzählabend zum Thema „Verletzlichkeit“ im August 2022

Im Rahmen unseres Blogs zum Erzählabend möchte ich heute wieder mitnehmen in meine Gedankenwelt zu dieser wunderbaren Veranstaltung. Im vertraulichen Kreis haben wir uns dieses Mal zum Thema “Verletzlichkeit” zusammengefunden. Wir sind uns begegnet mit unseren Geschichten und haben unsere persönlichen Erfahrungen miteinander geteilt. 

Was ich für mich mitgenommen habe an diesem Abend ist, dass Verletzlichkeit oder sich verletzlich zeigen immer auch mit der Angst vor Abwertung durch andere zu tun hat. Im Gegensatz dazu zeigen sich Menschen verletzlich, wenn sie das Vertrauen haben, dass andere sie in ihrem Ausdruck ernst nehmen. Mir geht es da genauso. Sich verletzlich zeigen heißt für mich, sich persönlich mitteilen zu dürfen, Erlebnisse zu teilen, in der Hoffnung, dass ich dadurch nicht beurteilt werde. Mit anderen Worten zeige ich mich dann verletzlich, wenn ich das Gefühl habe, dass andere meine Worte aufnehmen und ihnen achtsam begegnen können. 

Ich habe das an diesem Abend erlebt. Ich habe erlebt, wie alle im Raum, im Vertrauen auf gegenseitige Achtsamkeit, persönliche Geschichten geteilt haben. Das macht verwundbar, das macht verletzbar. Und es war wunderbar zu spüren, dass alle diesem Akt der Verletzlichkeit mit Fürsorge begegnet sind.

Mir ist an diesem Abend klarer geworden, dass sich womöglich viele Menschen davor fürchten, sich zu öffnen. Sie fürchten sich davor, für das, was sie bewegt, beurteilt zu werden. Diese Furcht lässt sich nur dann wirklich ablegen, wenn ich mich meinem Gegenüber anvertraue. Wenn ich spüre, dass meine Worte vertrauensvoll behandelt werden. Und gleichzeitig hadere ich womöglich damit, ob ich wirklich vertrauen kann und schaffe diesen Einstieg nicht. Ich denke, diese Ambivalenz macht es für viele schwer, sich anderen persönlich mitzuteilen. 

Ich glaube fest daran, dass es einen Unterschied macht, wie ich mit meinem Gegenüber verbunden bin (Freund*in, Kolleg*in, Kund*in, etc.). Wenn ich mein Gegenüber besser einschätzen kann, werde ich wahrscheinlich weniger befürchten, mit meinen Gedanken nicht ernst genommen zu werden. Ich stelle mir dann immer vor, wie wunderbar es wäre, wenn dieses Vertrauen in vielen anderen augenscheinlich unsicheren Situationen erzeugt werden könnte, weil Menschen Zuversicht haben, weder Verleumdung noch Abwertung oder ähnlich Verletzendes in ihrer Öffnung zu erfahren. 

Was mir an diesem Abend auch klar geworden ist, dass sich auch Menschen, die augenscheinlich verletzlicher zu sein scheinen, Gleichbehandlung wünschen. Die Vorstellung, dass wir Menschen mit Handicap anders begegnen sollten, halte ich für trügerisch. Am Ende kommt es auf unsere eigene Haltung zur Welt an, jedem Menschen seinen Platz auf seine Weise zuzugestehen. Die Interpretation der Wirklichkeit des anderen kann nur durch seine Sichtweise plausibler werden. Hier zeigt sich für mich, dass sich verletzlich zu zeigen ein Türöffner sein kann. Denn ich kann nicht per se davon ausgehen, dass ein Mensch auf Hilfe angewiesen ist. Ich kann ihn fragen, ob er Hilfe möchte, ja. Das hat womöglich weniger mit meinem Gegenüber zu tun als mit meiner eigenen Unsicherheit. 

Der Punkt für mich ist, dass jeder aus einer bestimmten Motivation heraus handelt. Ich kann das in mir spüren. Ich kann spüren, dass sich etwas in mir regt, wenn ich z.B. einen Mensch beobachte, dem es meinem Gefühl nach an etwas mangelt, dem es womöglich schlecht geht. Und was passiert mit meinem Gegenüber, wenn ich ihm das mitteile? Wenn ich ihm mitteile, dass mein Bauch sich gerade zusammenzieht, weil ich Angst habe, jemand leiden zu sehen. Wie wird die Person wohl reagieren? Das sind sehr spannende Momente, die ich für mich und andere öffnen kann. Ich zeige mich verletzlich und schaffe den Raum für Menschlichkeit und Empathie. Diesen Schritt zu gehen, macht meiner Meinung nach einen großen Unterschied. 

Ich blicke immer wieder in großer Dankbarkeit auf diesen Moment des gegenseitigen Öffnens zurück. Ich danke all denjenigen, die uns an diesem Abend ihre Perspektive geschenkt haben und den Erzählabend in meiner Wahrnehmung zu einem Ort der gegenseitigen Anteilnahme machen. Ich danke der Kulturküche, die uns durch die Location und die schmackhafte Suppe die Möglichkeit bietet, gemütlich in den Abend einfinden zu können. Denn einander zuhören, sich mit den persönlichen Geschichten verletzlich zu zeigen und offen zu sein für mehr Klarheit durch das Miteinander braucht Wagemut und Herz. 

Bis zum nächsten Mal in der Kulturküche. Habt eine gute Zeit. 

Es grüßt euch herzlich euer Daniel.

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