MegaMenü

Logo Megafon

Blog über den Erzählabend zum Thema „Egoismus“ im September 2022

Diese Woche möchte ich euch im Rahmen unseres Megafon-Blogs über unseren vierten Erzählabend berichten, der wieder mit Suppe und geselligem Beisammensein gestartet ist. Und ich kann schon jetzt sagen, dass mich dieses Mal meine Erwartungen getäuscht haben. Mir war nicht bewusst, wie schwer es für mich (und womöglich alle Beteiligten) sein könnte, eine persönliche Geschichte zum Thema “Egoismus” für die Gruppe zu öffnen. Und vielleicht hatte ich die Hoffnung, dass sich eine Person aus der Runde findet, die den Anfang macht, weil mir selbst in diesem Moment der Mut fehlte, diese so wichtige Hürde des Einführens in das Thema zu übernehmen. 

Das ist mir an diesem Abend nicht gelungen. Dafür ist ganz viel anderes passiert, wofür ich sehr dankbar bin. Denn letztlich haben wir uns mit dem Thema Egoismus auseinandergesetzt. Wir haben für uns wichtige Abgrenzungen festhalten können. Wir haben auf einer abstrakten Ebene die Spannweite von Egoismus erkunden können. Und wir haben einen Dialog darüber geführt, wie wir verschiedene Egoismen für uns persönlich einordnen. Für mich war das eine gelungene Annäherung an die Komplexität dieses wenig persönlich greifbaren Themas.

Daher kann ich berichten, dass wir uns einig waren, dass Egoismus eine schädliche Komponente hat. Wir waren uns einig darin, dass ich mich egoistisch verhalte, wenn ich anderen durch mein Verhalten schade. Dabei haben wir uns größere Wirkzusammenhänge vergegenwärtigt, die wir als schadhaft identifizierten. Wir haben über Menschenrechtsverletzungen oder ökologische Ausbeutung gesprochen, die für uns eine Form von Egoismus darstellen. Und wir haben in diesem Zusammenhang auch von der persönlichen Verantwortung gesprochen, wie wir diesen Egoismen begegnen (z.B. in Form von Mülltrennung und gewaltfreier Kommunikation).

Gleichzeitig konnten wir uns klar machen, dass Egoismus dem Menschen natürlich gegeben ist. Nicht jeder in der Runde bezeichnete Handlungen, die auf das eigene Selbst gerichtet sind, als egoistisch, wobei Anerkennung fand, dass es durchaus Verhaltensweisen gibt, die nur dem eigenen (Über-)Leben und damit der je persönlichen Bedürfnisbefriedigung dienen.

Durch die bereichernde Diskussion um den Begriff wurde mir klar, dass Menschen durchaus eine Distanz zu dem Begriff aufbauen, um sich selbst zu schützen. Für manche Menschen bedeutet das z.B., dass sie durch die Bezeichnung „gesunder Egoismus“ den (selbst-)fürsorglichen Anteil betonen. Damit heben sie womöglich hervor, dass es wichtig ist, sich um sich zu kümmern. In Abgrenzung dazu, bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass mein Körper mir anzeigt (z.B. durch Ziehen im Bauch), ob ich mich auf “ungesunde” Weise egoistisch verhalten habe. 

Ein Bild, das an diesem Abend immer wieder geöffnet wurde, war das Bild von der Suche nach dem Verantwortlichen. Egoismuserfahrungen sind womöglich immer auch in die Frage von Schuld bzw. in die Suche nach einer schuldigen Person eingebettet. Vor allem hier wäre es interessant, auf die persönlichen empfundenen Egoismen und ihre Wirkweisen blicken zu können. Auf einer politisch oder gesellschaftlich abstrakten Betrachtungsebene war es mir kaum möglich, eine Beziehung zu meinen eigenen Egoismen herzustellen. 

Gleichzeitig war es wichtig, dass wir uns auf diese Weise diesem Thema genähert haben. Es lässt mich zu dem Schluss kommen, dass Egoismus als Thema womöglich sensibler aufgebaut werden muss, um Erkenntnisse über mich und meine Erfahrungen zu erzeugen. Umso wertvoller war es, in diesem vertrauten Rahmen eine Annäherung zu finden und zu spüren, wie schwer es mir fiel, die Ebene der Abstraktion zu verlassen. 

Ich wünsche mir eine Fortsetzung des Themas. Sich mit seinen Egoismen verletzlich zu zeigen, Erlebnisse mit anderen zu teilen, die womöglich mit der Sorge verbunden sind, bewertet zu werden, braucht Vertrauen und Mut. Während der Abend für mich immer das nötige Vertrauen versprüht, hat mir am Ende der Mut gefehlt. Ich habe meine Unruhe zum Anlass genommen, mich selbst nach außen hin zu schützen. Dass ich mich an diesem Abend diesem Gefühl annähern konnte, schenkt mir Zuversicht, dass ich bei einem zweiten Versuch über meine persönlichen Egoismen sprechen werde. Zudem bin ich zuversichtlich, dass ich danach auch weiterhin das Gefühl  haben werde, dass ich gut bin, so wie ich bin, auch mit meinen Egoismen. 

Daher möchte ich Danke sagen, all denjenigen, die sich diesem herausfordernden Thema gestellt haben und mutig einen ersten Schritt mit uns gegangen sind. Vielleicht zeigt sich in einer Fortsetzung ja die ein oder andere Person wieder, um noch tiefer in die eigenen Egoismen einzutauchen. Ich bedanke mich auch wieder bei der Kulturküche für die leckere Mahlzeit und freue mich schon jetzt auf einen weiteren Abend im vertrauten Kreis mit euch.

Bis zum nächsten Mal in der Kulturküche. Habt eine gute Zeit. 

Es grüßt euch herzlich euer Daniel.

Teile diesen Beitrag.